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Die Grundsätze von Housing First

Das Konzept von Housing First basiert auf 8 Prinzipien, die hier nebenstehend zusammengefasst sind. Es basiert darauf, dass wohnungslose Menschen ein hohes Ausmaß an Wahlfreiheit und Entscheidungsmöglichkeit haben und darin unterstützt werden. So werden Housing First-Nutzer*innen beispielsweise aktiv dazu ermutigt, schädigenden Konsum von Alkohol und Drogen zu minimieren und eine Behandlung in Anspruch zu nehmen. Sie werden aber nicht verpflichtet, dies zu tun und sie verlieren ihre Wohnung auch nicht, wenn sie – zum Beispiel –  eine einmal begonnene Behandlung abbrechen.  Auch dann ist Housing First konsequent: Der Erhalt der Wohnung bleibt die wichtigste und erfolgversprechendste Voraussetzung dafür, die eigenen Probleme überwinden zu können.

Die Forschungsergebnisse über Housing First bestätigen diesen Ansatz: Die Untersuchungen in den USA, Kanada und Europa zeigen, dass Housing First die Wohnungslosigkeit bei mindestens acht von zehn Personen dauerhaft beendet. Diese Erfolge können bei diversen Zielgruppen der Wohnungslosenhilfe nachgewiesen werden. Housing First Angebote haben sich ebenso bei Menschen bewährt, die aufgrund langer bzw. wiederholter Wohnungslosigkeit aus der Gesellschaft ausgeschlossen sind, wie z. B. bei schwerwiegenden psychiatrischen Erkrankungen, problematischem Alkohol- und Drogenkonsum und schlechter körperlicher Verfassung.

Wichtigste Innovation in der Wohnungslosenhilfe

Damit ist Housing First die wahrscheinlich wichtigste Innovation in der Wohnungslosenhilfe in den letzten 30 Jahren. Das Konzept wurde in den frühen 1990ern von Dr. Sam Tsemberis in New York entwickelt und hat sich seitdem als sehr erfolgreich darin erwiesen, Obdachlosigkeit bei Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf zu beenden. Es wird in den USA, Kanada und mehreren europäischen Ländern angewendet. Am konsequentesten wird Housing First seit über 15 Jahren in Finnland realisiert, der Erfolg ist beeindruckend: Die Obdachlosigkeit sinkt in diesem Land rapide und beständig.

Housing First ist für Menschen konzipiert worden, die ein hohes Maß an Hilfe brauchen, um Obdachlosigkeit überwinden zu können. Housing First richtet sich insbesondere an obdachlos lebende Menschen mit psychiatrischen Erkrankungen, mit Problemen der psychischen und physischen Gesundheit, mit problematischem Drogen- und Alkoholkonsum, mit chronischen Erkrankungen oder mit Behinderungen. Housing First richtet sich auch an Menschen, die von langfristiger oder wiederholter Wohnungslosigkeit betroffen sind und denen neben anderen Unterstützungsbedarfen oft auch ein soziales Netzwerk fehlt, seien es Freund*innen, Familie oder andere Formen von Gemeinschaft.

Der Begriff „Housing First“ ist Programm:  Gesichertes Wohnen wird als Ausgangspunkt der Unterstützung verstanden, nicht als dessen Ziel. Housing First stellt zuerst einen Wohnraum zur Verfügung und bietet erst auf dieser Grundlage andere Unterstützungen an. Die Erfahrung zeigt, dass mit dem eigenen Zuhause die Voraussetzung dafür gegeben ist, sich wieder als Teil einer Gemeinschaft zu erfahren und die eigenen Probleme erfolgversprechend anzugehen.  Housing First setzt dabei den Fokus auf die Verbesserung der Gesundheit, auf das gesamte Wohlergehen und den Aufbau stabiler sozialer Beziehungen. Ziel ist es, dass die ehemals obdachlos lebenden Menschen wieder den regulären, normalen Zugang zu medizinischer und/oder psychischer Versorgung finden, dass sie ein tragfähiges soziales Netzwerk aufbauen und je nach Interesse und Vermögen einer künstlerischen Aktivität, einer Ausbildung, einem Training oder einer bezahlten Arbeit nachgehen können.